"Viele wichtige Verbesserungen für unsere Branche"
Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt, ein großer Erfolg für die Lobbyarbeit des Dehoga um Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges (Foto). Im Interview mit Hotel vor9 beurteilt Hartges die weiteren für die Branche relevanten Inhalte des Koalitionsvertrages der künftigen Bundesregierung.

Imago Metodi Popow
Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges
Frau Hartges, Sie haben unermüdlich für einen reduzierten Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie gekämpft, auch als es zeitweise überhaupt nicht gut für diese Position aussah. Wie zufrieden sind sie nun mit dem Ergebnis des Koalitionsvertrags?
Ingrid Hartges: Der Koalitionsvertrag enthält viele wichtige Verbesserungen für unsere Branche. Dauerhaft sieben Prozent Mehrwertsteuer ab dem 1. Januar 2026 auf Speisen in der Gastronomie, die geplante Einführung einer Wochenarbeitszeit, die Ankündigungen zum Bürokratieabbau – all das sind dringend benötigte Maßnahmen zur Entlastung und Stärkung unserer Betriebe. Notwendige Branchenerfolge, für die der Dehoga im Vorfeld intensiv gekämpft hat. Sie helfen, die Zukunftsfähigkeit der Branche mit ihren 200.000 Betrieben und zwei Millionen Beschäftigten zu sichern. Entscheidend ist jetzt die zügige und konsequente Umsetzung der Reformvorhaben.
Im Dezember 2023 wurde trotz anderslautender Versprechungen die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wieder erhöht. Wann haben Sie trotz dieses Rückschlags wieder damit gerechnet, dass Ihr Ziel wieder in greifbare Nähe rückt?
Nach vielen Gesprächen mit Politikern habe ich seit Mitte letzten Jahres wieder konkret Hoffnung geschöpft. Nach der klaren Positionierung des CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz für die sieben Prozent Mehrwertsteuer auf dem Dehoga-Branchentag am 12. November 2024 – wenige Tage nach dem Ampel-Aus – war die Zuversicht zurück, es endlich schaffen zu können.
Wie ging es dann weiter?
Im Dehoga-Wahlcheck zur Bundestagswahl 2025 haben wir uns klar positioniert – mit positiver Rückmeldung von CDU/CSU. Die sieben Prozent Mehrwertsteuer standen sowohl im Wahlprogramm als auch im 100-Tage-Sofortprogramm. Nach dem Wahlsieg der Union war unser Ziel in Reichweite. Die sieben Prozent wurden am 8. März ins Sondierungspapier aufgenommen und blieben auch im Koalitionsvertrag vom 9. April, zum 1. Januar 2026 wird die Steuer wieder gesenkt. Natürlich wäre ein früheres Inkrafttreten wünschenswert gewesen – doch der Zeitpunkt war Teil eines notwendigen Kompromisses.
Wie beurteilen Sie die Formulierung zum Mindestlohn und können Sie mit dieser Version "leben"?
Es ist gut, dass CDU, CSU und SPD sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich zu einer "starken und unabhängigen" Mindestlohnkommission bekennen. Folgerichtig enthält der Koalitionsvertrag keine Vereinbarung zu einer konkreten Lohnhöhe. Die Koalitionäre halten einen Mindestlohn im Rahmen einer Gesamtabwägung – an der Tarifentwicklung sowie an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten – von 15 Euro im Jahr 2026 für lediglich "erreichbar". Eines ist klar: Löhne dürfen nicht zum Spielball politischer Interessen werden. Die Kommission trägt Verantwortung dafür, dass der Mindestlohn keine nachteiligen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt entfaltet, Unternehmen nicht überfordert und Tarifverträge respektiert.
Der Dehoga hat sich zuletzt öffentlich gegen eine verbindliche Zahlungsoption für digitale Zahlmittel ausgesprochen. Bleibt es dabei oder ist es nicht konsequent, auf Digitalisierung zu setzen und so auch dafür zu sorgen, dass (im Sinne aller Unternehmer) keine Steuern hinterzogen werden?
Technische Innovationen für effiziente und sichere Prozesse hat der Dehoga immer begrüßt. Der Trend zu digitalen Zahlmitteln wächst deutlich, und zunehmend tragen die Betriebe diesem Gästewunsch Rechnung. Klar ist aber auch, dass Bargeld ein zulässiges Zahlungsmittel ist – und Gäste dies wünschen. Die große Mehrzahl der Betriebe bietet bereits beides an. Auch im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass Bargeld als gängige Zahlungsform erhalten bleibt. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund sich häufender Cyberangriffe von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Und keine Frage: Es ist originäre Aufgabe des Staates, Steuerhinterziehung zu bekämpfen – dies ist auch im Interesse eines fairen Wettbewerbs.
Die Fragen stellte Pascal Brückmann