Kempinski-CEO: "Deutschland ist unser erster Markt"
Barbara Muckermann (Foto) leitet seit rund 100 Tagen als Chief Executive Officer die Luxusmarke Kempinski. Im Gespräch mit Hotel vor9 schildert sie ihre ersten Eindrücke und berichtet, welche Bedeutung Deutschland nach wie vor für Kempinski hat.
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Frau Muckermann, in welchem Zustand haben Sie Ihren neuen Arbeitgeber Kempinski vorgefunden? Was hat Sie überrascht, wo möchten Sie tiefer abtauchen? Kurz, wie lautet Ihre 100-Tages-Bilanz?
Barbara Muckermann: Ich habe Kempinski in einer sehr guten finanziellen Lage vorgefunden, was in der aktuellen Zeit nicht selbstverständlich ist, da viele Hotelunternehmen nach der Pandemie mit Herausforderungen zu kämpfen haben. In der Zwischenzeit sehe ich große Chancen, die ich anfangs vielleicht unterschätzt habe – besonders aufgrund unserer besonderen Position. Wir sind die einzige Luxushotelmarke mit europäischen Wurzeln und können zudem auf eine 127-jährige Geschichte zurückblicken. Und europäischer Luxus ist weltweit der beste. Gleichzeitig habe ich erkannt, dass die Größe von Kempinski uns viele Optionen ermöglichen wird. Wir sind mit derzeit 81 Häusern und 25.000 Mitarbeitern schon ein wirklich großes Unternehmen. Unsere geografische Präsenz, besonders in Asien und Middle East, ist ebenfalls sehr stark, und das sind glücklicherweise die heutigen Wachstumsmärkte. Insgesamt bin ich also sehr positiv überrascht.
Da Ihr Vorgänger Bernold Schroeder noch vor Ihrem Amtsantritt das Unternehmen verlassen hatte, gab es keine geregelte Übergabe. War das im Nachhinein vielleicht auch ein Vorteil?
Man kann nur die Zukunft entwickeln, wenn man die Vergangenheit kennt. Von daher ist es sehr wichtig, mit so vielen Leuten wie möglich zu sprechen. So gesehen war es nicht optimal, dass wir dafür nicht so viel Zeit hatten. Es gibt niemals nur eine Perspektive, da alle immer das Beste für Kempinski gewollt haben. Auf der anderen Seite wollten die Eigentümer nun eine neue Sichtweise haben. Ich bin eine Frau, kein klassischer Hotelier und bringe viel Erfahrung aus dem Bereich Marketing, Branding und Sales mit. Das ist jetzt die Chance, auf Kempinski nicht nur als Hotelier zu schauen. Mit meinem Hintergrund aus der Kreuzfahrtindustrie bringe ich sicherlich frischen Wind mit.
Welche Aspekte aus Ihrer Erfahrung aus dem Segment der Luxuskreuzfahrt möchten und werden Sie in die Organisation einbringen?
Ein Bereich, in dem die Kreuzfahrtbranche besonders stark ist, ist die Vorausplanung. Reedereien wissen genau, wann die Gäste an Bord kommen, und können die Auslastung entsprechend steuern. Dieses Prinzip sollten wir intensiver als bisher auf die Hotellerie übertragen, um ebenfalls die Auslastung besser zu planen und die Gästebindung zu erhöhen.
Am Anfang stehen meist eine Bestandsaufnahme und auch viele Vor-Ort-Termine auf der Agenda. Wie viele Kempinski-Häuser konnten Sie schon persönlich besichtigen?
Für mich hat derzeit unser neuer Fünf-Jahres-Finanzplan absolute Priorität. Darauf konzentriere ich mich, denn er ist auch die Basis für alles Neue und jede Veränderung in der Zukunft. So richtig Zeit für eine Roadshow in unsere Hotels steht daher erst im kommenden Jahr an – dann kann ich Gespräche auch direkt auf einem anderen Level führen. Aber natürlich hatte ich bereits Gelegenheit zumindest einige unserer Häuser wie etwa das Vier Jahreszeiten Kempinski in München, unser Haus in Berchtesgaden, das The Apurva Kempinski Bali und unsere vier Häuser in Dubai zu besichtigen.
An welchen Themen wird in den Kempinski-Hotels künftig intensiver als zuvor gearbeitet werden müssen?
Es gibt großes Potenzial, einige unserer Hotels besser zu positionieren, um ein konsistentes Luxuserlebnis zu bieten. Einige Häuser entsprechen nicht vollständig dem Luxusanspruch, den wir anstreben, und das ist tatsächlich ein Bereich, an dem wir arbeiten müssen. Am Ende werden wir unser Portfolio neu geordnet haben. Dazu gehört auch, dass wir uns von einigen Häusern trennen werden. Kempinski will und muss sich wieder seinen Platz im Ultra-Luxus-Bereich sichern.
Aber Kempinski möchte doch eigentlich auch wachsen?
Ja, aber das Wachstum muss strategisch sein, nicht opportunistisch. Wir haben rund 34 neue Häuser in der Planung, die in den kommenden drei Jahren das Kempinski Portfolio ergänzen werden.
Welche Rolle wird künftig der amerikanische Markt als möglicher Standort für Kempinski-Hotels haben?
Man kann nicht eine globale Luxusmarke sein, wenn man nicht in den USA präsent ist. Das wollen und müssen wir ändern. Aber es ist noch zu früh, eine wirkliche Markteintrittsstrategie zu präsentieren. Nicht verhandelbar ist für mich, dass wir ein europäisches Produkt für Amerikaner bieten werden. Es muss eine europäische Experience sein. Wir prüfen derzeit, wie wir diesen Markt am besten erschließen können. Und wenn wir dort einsteigen, dann mit einer klaren Strategie und einem starken Portfolio, das die europäische Luxusmarke Kempinski widerspiegelt. Denn klar ist eben auch, ein einziges Hotel ist nicht genug. Wir brauchen schon eine gewisse kritische Menge an Häusern für die USA, vielleicht bis zu zehn Häuser.
Schildern Sie doch bitte einmal mit ihren Worten den USP von Kempinski? Warum sollten sich die Kunden für Ihre Hotels entscheiden?
Unser größter Vorteil liegt in der Servicequalität. Kempinski bietet einen außergewöhnlichen Service, den ich vor Antritt meiner Position bei meinen Mystery-Shopping-Erlebnissen als sehr besonders empfunden habe. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen der Service in Großstädten durch die Pandemie gelitten hat, sticht Kempinski durch diese Stärke hervor. Ergänzend dazu kommt das sehr gute gastronomische Erlebnis, welches wir unseren Gästen rund um den Globus bieten.
Die Hotelgruppe wurde einst in Deutschland gegründet, hat heute Eigentümer aus Bahrain. Welche Rolle und Bedeutung hat Deutschland noch für Kempinski?
Deutschland ist alles für uns, es ist der Kern unserer Marke. Und wir sehen auch in Deutschland Potenzial für weiteres Wachstum. Kempinski ist eine deutsche Marke mit einem starken Erbe, und ich freue mich darauf, dieses Erbe weiter zu stärken und auszubauen. Deutschland ist unser erster Markt und wird es immer bleiben.
Zur Person: Barbara Muckermann die in Italien, Frankreich und den USA gelebt hat, spricht fünf Sprachen fließend und hat einen Doktortitel in Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie einen übergreifenden MBA-Abschluss der Columbia und London Business School. Die gebürtige Deutsche war zuletzt CEO der Kreuzfahrtmarke Silversea Cruises, vor dieser Station war sie als Führungskraft für die Reedereien NCL und MSC Kreuzfahrten tätig.
Das Gespräch führte Pascal Brückmann