Ein Hotel, zwei Frauen und ein Baby

Das Hotel Zeller ist ein familiengeführtes Haus mit Tradition. Alexandra Schleunung leitet das Hotel seit zehn Jahren. Mit 86 Zimmern und 65 Mitarbeitern, Tagungsräumen und einem großen Wellnessbereich hat sich das Haus als feste Größe in der Region etabliert. Die Leitung des Hotels übernahm Schleunung von ihrer Mutter, die es in dritter Generation führte. Ihr Vater, ein Architekt, unterstützte bei Bauprojekten, operativ war allein die Mutter tätig. Der Generationenwechsel verlief harmonisch. "Meine Mutter und ich haben ein sehr enges Verhältnis, das hat super geklappt", sagt Schleunung. Auch heute arbeitet ihre 72-jährige Mutter noch mit.

Sanfte Modernisierung

Nach der Übernahme setzte Schleunung schrittweise Neuerungen um: Sie digitalisierte den Dienstplan, überarbeitete die Website und stärkte die Präsenz in sozialen Medien, vor allem auf Facebook und Instagram. Langjährige Mitarbeiter begleiteten den Wandel. Eine Mitarbeiterin ist bereits seit 40 Jahren im Haus. "Die Mitarbeiter haben mich schnell als Chefin akzeptiert, weil ich ihre Meinung einbeziehe", so Schleunung. Das Management Team besteht im Kern aus Alexandra Schleunung und ihrer Mutter, hinzu kommen die Restaurantleitung, der Chefkoch und die weiteren Abteilungsleiter.

Drei Standbeine für den Erfolg

Ursprünglich war das Hotel ein reines "Geschäftshotel". Um das Jahr 2000 kam der Wellnessbereich hinzu, 2019 wurde er modernisiert und wesentlich erweitert. Von Montag bis Freitag sind Tagungen das Hauptgeschäft, während am Wochenende verstärkt Wellnessgäste anreisen. Wellness wird immer mehr zum Männerthema, stellt Schleunung fest. Von ihren Business-Gästen hört sie oft: "Das ist schön, nach einem langen Tag gehen wir nochmal in die Sauna oder eine Runde schwimmen." Die Kulinarik spielt im Haus Zeller eine große Rolle. Das Restaurant des Hauses gehört zu den Spitzenbetrieben der Region und hat im Package mit Wellness und Tagungen eine sehr hohe Bedeutung. 2018 eröffnete das Hotel eine Weinbar, die auch vom lokalen Publikum frequentiert wird.

Direktbuchungen dominieren

Die Vermarktung erfolgt über die Organisation "Top 250 Tagungshotel", Instagram, Facebook und OTAs. Deren Buchungen machen nur rund zehn Prozent aus, der Großteil sind bei Zeller Direktbuchungen. Mundpropaganda ist ebenfalls wichtig und überdies gibt es sehr viele langjährige Kontakte zu Unternehmen aus dem Rhein-Main-Gebiet. "Die Tagungsgäste sind sehr oft Wiederholungstäter", erklärt Schleunung.

Keine Expansion geplant

Trotz stabiler Nachfrage soll das Hotel nicht wachsen. "Das ist das Maximum, das ich allein stemmen kann", sagt Schleunung. Stattdessen stehen Renovierungen an. Das ist nichts Besonderes, denn Erneuerung und Weiterentwicklung sind Teil der ständigen Verbesserung, erklärt die Hotelchefin. Seit 2023 bildet sie drei Azubis aus Vietnam aus. Schleunung ist sehr zufrieden, wie es mit ihnen läuft. Trotz mehrerer Anfragen will sich das Haus keiner Hotelkooperation anschließen: "Wir genießen unsere Unabhängigkeit."

Die Jüngste ist der Star des Hauses!

Alexandra Schleunung ist stolze Mutter einer Tochter im Alter von sechs Monaten. Beim gemeinsamen Gang mit Hotel vor9 durch das Hotel war der Nachwuchs mit dabei. Natürlich ist die junge Dame der Star des Hauses. Von jedem gibt es eine freundliche Bemerkung oder eine Liebkosung und man merkt, dass das Hotel Zeller ein Familienhotel ist, mit einem engen Verhältnis der Menschen untereinander. Vormittags ist das Baby in der Trage ständiger Begleiter von Alexandra Schleunung. "Die Mitarbeiter lieben sie alle und sie wird ständig hin- und hergereicht."

Es bräuchte mehr Unterstützung von der Politik

Schleunung erwartet von der Politik Verbesserungen in den Bereichen, in denen sie allenthalben von Kollegenbetrieben und Verbänden eingefordert werden: die dauerhafte Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf Speisen in der Gastronomie, Impulse für die Wirtschaft und Erleichterungen beim Einstellen von Personal aus dem Ausland. "Die Mehrwertsteuer ist schon ein Thema, sie sollte wieder reduziert werden. Das wäre für uns eine wahnsinnige Erleichterung und würde uns helfen", meint Schleunung. Und die Wirtschaft muss wieder florieren, fordert sie: "Wenn sie nicht läuft, wird es auch für uns schwer." Personal aus dem Ausland ist willkommen, aber die Akquisition ist mit vielen Hürden verbunden. Hier sollte die Politik für schnellere und einfachere Prozesse sorgen, so die Hotelchefin.

Frank Winter