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19. September 2024 | 07:00 Uhr
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Von Booking nicht mehr auf der Nase herumtanzen lassen

Welche Folgen hat die Einstufung von Booking durch die EU-Kommission als Gatekeeper für das künftige Kräfteverhältnis zwischen der Hotellerie und dem Marktführer für Hotelbuchungen? Markus Luthe (Foto), Geschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA), sieht mit der Einführung des DMA (Digital Markets Acts) eine neue Zeitrechnung angebrochen.

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Kämpft seit Jahren juristisch gegen Booking und setzt sich für einen fairen Wettbewerb ein: Markus Luthe, Geschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA)

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Die offizielle Einstufung der EU von Booking als so genannter Gatekeeper ist ein Meilenstein für den Interessensvertreter der deutschen Hotellerie. Markus Luthe bringt es wie folgt auf den Punkt:  "Der DMA ist ein echter Game-Changer. Schließlich sorgt er dafür, dass bestimmte Regeln von vornherein gelten. Das Wettbewerbsrecht hat endlich scharfe Zähne erhalten." In der Tat: Verstößt Booking künftig gegen das Regelwerk, wird eine Geldbuße von bis zu 10 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes fällig, im Wiederholungsfall dann sogar 20 Prozent. Zu Erinnerung: Im Jahr 2023 lag der Umsatz der Booking Holdings bei rund 21,37 Milliarden US-Dollar. 

Damit dürfte die bisherige Booking-Strategie, es bei der Auslegung des Wettbewerbsrechts zunächst auf Gerichtsverfahren ankommen zu lassen, Geschichte sein. Das Risiko einer sofortigen Sanktionierung ist bei Strafzahlungen im Milliardenbereich auch für Booking nicht mehr kalkulierbar. Zumal Booking bereits saftige Bescheide aus Spanien (Kartellstrafe über 413 Millionen Euro) und Italien (Steuernachzahlung über 94 Millionen Euro) kassiert hat.

Bis zum 15. November muss Booking alle Auflagen umgesetzt haben

Entsprechend selbstbewusst sieht Luthe nun die Position der IHA. "Wir lassen uns von Booking nicht auf der Nase herumtanzen." Und die eher plumpe Drohung von Booking-Chef Glenn Fogel, demnächst Europa zu verlassen und den Firmensitz in Amsterdam zu schließen, beeindrucke auch nicht weiter. "Herr Fogel verkennt, dass er gar kein Erpressungspotenzial mehr hat. Booking zahlt in Europa ohnehin fast keine Steuern und hat während Corona schon reichlich Mitarbeiter entlassen", findet Luthe. Gleiches gelte für die Versuche von Booking, sich als kleines und unbedeutendes Unternehmen darzustellen, um dem Status als Gatekeeper zu entgehen. "Zum Glück ist das Geschichte und dieses Thema endlich durch. Sie sind nun amtlich ‚groß‘", konstatiert Luthe.

Gespannt blickt der IHA-Geschäftsführer auf den 15. November. Bis zu diesem Termin muss Booking sämtliche Auflagen des DMA, wie etwa die konsequente Abschaffung der Bestpreisklausel in ganz Europa, vollzogen haben. Seit dem Jahr 2015 ist die Klausel in Deutschland bereits durch das Kartellamt untersagt worden, in ungefähr der Hälfte aller EU-Länder konnte Booking sie aber bis zuletzt noch aufrechterhalten.

Sorge, dass Booking die Hoteliers über den Algorithmus abstrafen könnte

Trotzdem bleibt die IHA besorgt, dass Booking möglicherweise auf subtile, aber wirksame Sanktionen umschwenken könnte, um Hotels abweichende Preise durch die Hintertür zu verhindern. Oft genug hatte Booking den Hoteliers vorgeworfen, die Plattform nur als Trittbrettfahrer zu missbrauchen, um die Kunden dann zu günstigeren Direktbuchungen zu verleiten. "Theoretisch könnte Booking bestimmte Hotels über den Algorithmus abstrafen", warnt Luthe und fordert von der EU, solche Versuche scharf zu kontrollieren und umgehend zu bestrafen. Zudem drängte er nun darauf, dass auch die Rechtmäßigkeit des Genius-Programms von Booking untersucht wird. Und bei den Zahlungssystemen werde Booking nicht umhinkommen, künftig auch Alternativen zuzulassen.

Spannend dürfte auch die Frage sein, ob und wie Booking den Hoteliers künftig den direkten Zugang zu den Kunden einräumen werde. Schließlich sehe das Gesetz über Digitale Märkte vor, dass der Gatekeeper den Endverbrauchern auch einen direkten Weg zum einzelnen Anbieter aufzeigen müsse. "Booking hat noch nicht präsentiert, wie der direkte Zugang zu den Webseiten der Hotels aussehen soll, wir sind wirklich sehr gespannt", blickt Luthe auf die nächsten Wochen. Interessant sei dann auch, wie der Gatekeeper Booking die Daten, die ein Kunde bei seinem Such- und Buchungsverhalten hinterlässt, angemessen mit den Hotels teilt. Also z.B., was wurde gesucht und wie ist der Kunde bei seiner Customer Journey vorgegangen. "Denn auch dazu ist Booking künftig verpflichtet", erklärt Markus Luthe.

Pascal Brückmann

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